Auf eurer Online-Plattform Pflanzenkreisel können Zimmer- und Gartenpflanzen sowie Saatgut verkauft und getauscht werden. Wie ist die Idee für dieses Projekt entstanden?
Bastian Schmölders: Den Wunsch und Gedanken zu Gründen haben wir alle drei unabhängig voneinander schon etwas länger. Über die Zeit kamen bei jedem sehr viele Ideen zusammen. Viele wurden durchdacht, doch keine Idee konnte uns so richtig überzeugen und sich durchsetzen.
Die konkrete Idee zu Pflanzenkreisel kam dann im Frühjahr letzten Jahres. Während des Lockdowns, als alle Geschäfte geschlossen waren, ist Julian umgezogen und hat festgestellt, dass es für alles eine Second Hand-Plattform gibt, aber nicht für Pflanzen. Nach ein bisschen Recherche wurde dann noch recht schnell klar, dass die Pflanzenindustrie ein echter Müllproduzent und absolut nicht nachhaltig ist, und die Gründungsidee einer nachhaltigen Plattform zum Tauschen, Kaufen und Verkaufen von Pflanzen stand fest. Julian hat dann noch Bastian und Mike ins Boot geholt und die Umsetzungsphase wurde gestartet.
Rückblickend stellten wir fest, dass fast all unserer Ansätze in eine ähnliche Richtung gingen. Alle hatten ihren Kern in den Bereichen Software, Plattform-Services und IT. Auch thematisch lag der Fokus immer auf Bereichen wie Bildung von Communities, Nachhaltigkeit und Müllvermeidung. Das Konzept Pflanzenkreisel vereint diese Bereiche und überzeugte genau deshalb jeden von uns.
Was sind die Vorteile gegenüber dem Einkauf im Gartencenter?
Bastian: Hier könnte man auf unzählige Punkte eingehen:
Die Pflanzenindustrie ist zwar (noch) nicht als Umweltsünder bekannt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen allerdings als Wolf im Schafspelz. Folgende Faktoren sorgen u.A. für eine negative Umweltbilanz unserer so »grün« scheinenden Pflanzen:
- Lange Transportwege
- Einsatz von Pestiziden
- Widrige Arbeitsbedingungen für Plantagenmitarbeiter*innen in anderen Ländern
- Unmengen an Einwegverpackungen
- Waldrodung zur Gewinnung von Zuchtflächen
Die häufig kritisierte Konsum- oder Wegwerfgesellschaft lässt sich auch auf den Umgang mit Pflanzen übertragen. Geht eine Pflanze ein, führt der nächste Weg meist in den nächsten Baumarkt. Hier findet man unzählige hochgezüchtete Exemplare, die meist bereits eine lange Reise hinter sich haben. Laut der deutschen Umwelthilfe fielen 2021 allein in den Monaten von März bis Mai 39 Millionen Einweg-Plastikpaletten durch den Transport von Beet- und Balkonpflanzen vom Erzeuger zum Händler an.
An dieser Stelle haben wir den Vorteil unserer pflanzenbegeisterten Community: Diese züchtet z.B. ihre Ableger meist selbst. Wenn man selbst schon viel Zeit, Mühe und Liebe investiert hat, um sein Pflänzchen aufzuziehen, weiß man viel mehr zu schätzen, wie viel Arbeit tatsächlich dahintersteckt. Da wir außerdem vor allem auf den Austausch von Pflanzen innerhalb einer Stadt setzen, fallen bei uns auch die weiten Transportwege weg. Häufig sind die Pflanzen auf unserer Plattform zudem auch günstiger als im Großhandel.
Wie sieht euer Finanzierungsmodell aus? Ist die Nutzung der Plattform kostenpflichtig oder fallen beim Verkauf Gebühren an?
Bastian: Sowohl die Registrierung als auch das Inserieren und Kaufen von Pflanzen ist kostenlos. Es fallen also hier keine Kosten an. Wir bieten allerdings die Möglichkeit, sogenannte Premiumpakete zu kaufen.
Diese Premiumpakete bieten die Möglichkeit, eine gewisse Anzahl von Premium-Anzeigen zu schalten. Diese werden dann immer ganz oben angezeigt und sorgen so für eine bessere Verkaufsquote. Zudem können mehr Fotos pro Anzeige hochgeladen werden als bei einer kostenfreien Standardanzeige. Auf Werbung haben wir in den ersten Versionen bewusst verzichtet.
Kann Pflanzenkreisel auch von gewerblichen Anbietern wie z.B. Gärtnereien oder Saatgutproduzent*innen genutzt werden oder richtet sich das Angebot nur an Privatpersonen?
Bastian: Derzeit richtet sich das Angebot lediglich an Privatpersonen.
Was war bislang die größte Herausforderung bei der Gründung eures Unternehmens? Und was euer größter Erfolg, auf den ihr besonders stolz seid?
Bastian: Die größte Herausforderung und gleichzeitig der größte Erfolg war der Sprung vom »Planen« zum »Machen«. Wir haben es geschafft, mit unserem Minimum Viable Product (Anm. d. Red.: Eine erste Produktversion, die nur die nötigsten Funktionen aufweist und mit Hilfe des Kunden*innen-Feedbacks immer weiter ausgebaut wird) und einem gezielten Marketing sehr schnell zu wachsen. Vor allem in den ersten vier bis sechs Wochen. In dieser Zeit nahm die Zahl der Nutzer*innen exponentiell zu. Doch was uns am meisten freute, waren nicht die reinen Nutzerzahlen, sondern die Tatsache, dass auf unserer Plattform auch wirklich ein Austausch stattgefunden hat und Pflanzen gekauft und getauscht wurden. Hinzu kommt das positive Feedback der Community, das uns häufig erreicht und das uns immer weiter antreibt und darin bestärkt, dass wir mit Pflanzenkreisel die Welt ein ganz kleines bisschen nachhaltiger machen können.
Welchen beruflichen Werdegang haben die Mitglieder eures Teams? Seid ihr von Haus aus Botanikexpert*innen oder habt ihr mit Pflanzenkreisel ein persönliches Hobby zum Beruf gemacht?
Bastian: Hinter Pflanzenkreisel stecken Mike (30 Jahre), Julian (30 Jahre) und ich (29 Jahre). Wir kommen alle aus dem schönen Rheinland und wohnen in Köln und Düsseldorf. Julian und ich sind Arbeitskollegen bzw. Freunde und arbeiten gemeinsam im Software-Consulting einer großen Unternehmensberatung. Mike ist mein Cousin und arbeitet als IT Requirement Manager eines Deutschen Telekommunikationsunternehmens.
Wir arbeiten auch weiterhin, neben Pflanzenkreisel, in unseren derzeitigen Jobs. Das Projekt Pflanzenkreisel nimmt zwar aktuell einen großen Teil unserer Zeit ein, in der aktuellen Konstellation schaffen wir es jedoch trotzdem, beide Jobs unter einen Hut zu bekommen.
Einen grünen Daumen haben wir alle drei. Während Julian ein großer Fan der gängigen Zimmerpflanzen (Monstera, Philodendron etc.) ist, ist Mike ein großer Fan von Nutzpflanzen und ich selbst habe einen Garten und gehe dort dem Thema Pflanzen als Hobby nach.
Welchen Ratschlag könnt ihr anderen Gründungsinteressierten mit auf den Weg geben, die eine Idee für eine Online-Plattform haben? Wie schafft man es am besten, möglichst schnell eine große Anzahl von User*innen zu gewinnen?
Bastian: Einfach machen. Das ist wohl der beste Rat, den wir geben können. Viele verlieren sich bereits am Anfang in sehr vielen Kleinigkeiten und in der Detailplanung, anstatt den vollen Fokus auf das Produkt, die Plattform, zu legen. Über Social Media erhält man dann auch sehr schnell Feedback und bekommt einen ersten Eindruck darüber, ob die Idee Anklang findet. Man braucht jedoch auch Geduld und Ausdauer, denn man muss sich natürlich im Klaren darüber sein, dass vor allem zu Beginn viel Zeit investiert werden muss.
Auf welche Weise richtet ihr euer Business im Sinne der Nachhaltigkeit aus?
Bastian: Der gesamte Sinn unserer Plattform und die Marke Pflanzenkreisel verfolgen das Ziel einer nachhaltigeren Welt bzw. Lebensweise. Wir sind davon überzeugt, dass der Weg in eine nachhaltige Zukunft besonders von zwei Dingen abhängt: Aufklärung und Alternativen. Wir möchten mit Pflanzenkreisel in den Themengebieten Plastikverbrauch, Zero Waste und nachhaltige Lebensweise aufklären und ein Bewusstsein dafür schaffen. Anstatt auf Verbote und Verzicht legen wir den Fokus zudem ganz klar auf Alternativen. So stellt Pflanzenkreisel die nachhaltige Alternative zum Pflanzenkauf im Einzelhandel dar. Als Plattform setzen wir dabei außerdem auf CO2-neutrale Server.
In welche Richtung wollt ihr Pflanzenkreisel künftig weiter entwickeln? Habt ihr eventuell neue Angebote oder Funktionen für die Plattform im Kopf, die ihr irgendwann gerne realisieren wollt?
Bastian: Wir haben bei Pflanzenkreisel immer einen Minimal Viable Product (MVP)-Ansatz verfolgt und entwickeln die Plattform stetig weiter. Dabei haben wir auch konkrete Ideen und ein paar Innovationen im Kopf, die wir hier aber noch nicht verraten möchten ;) Der Fokus wird dabei aber vor allem auf der App liegen.
Bastian hat nach seinem Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen als Consultant bei einer großen Unternehmensberatung angefangen. Er ist neben Mike und Julian Co-Founder von Pflanzenkreisel. Seine persönliche Mission ist es, nicht nur sein eigenes Konsumverhalten und seine eigene Lebensweise möglichst nachhaltig zu gestalten, sondern auch möglichst viele andere Menschen davon zu überzeugen.
Von links nach rechts: Basti, Julian, Mike
Neugierig geworden? Hier geht es lang zur Webseite von Pflanzenkreisel.
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